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Gemeinderat Walldorf: Vom Klimanotstand zum Klima-Appell

3. Februar 2020 | > Walldorf, Allgemeines, CDU Walldorf, Das Neueste, Die Grünen Walldorf, FDP Walldorf, Gemeinderat Walldorf, Politik, SPD Walldorf

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zieht Antrag zurück zur weiteren Beratung

„Es war eine sehr leidenschaftliche Debatte“, stellte Stadtrat Mathias Pütz (CDU) am 21. Januar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats fest gegen Ende der Diskussion, ob Walldorf den Klimanotstand mit entsprechendem Maßnahmenpaket erklären solle oder nicht.

Stadtwappen am Rathaus Walldorf (Foto: BBinz)

Stadtrat Wilfried Weisbrod von der antragstellenden Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zog den Antrag schließlich zurück, nachdem mehrheitlich vor allem starke Bedenken angesichts des Begriffs „Klimanotstand“ geäußert worden waren. Die anderen Fraktionen und auch Bürgermeisterin Christiane Staab wollten sich außerdem nicht ohne Vorberatung und Betrachtung der Konsequenzen auf die im Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen festlegen. Weisbrod erklärte, dass man sich mit den anderen Fraktionen  zusammensetzen werde, um den Antrag und alles Weitere neu zu formulieren.

Zu Beginn der Sitzung hatte Weisbrod den Antrag erläutert. Genau am Tag der Sitzung, dem 21. Januar, hat das Land Spanien laut Weisbrod den „Klimanotstand“ ausgerufen. Er verwies weiterhin auf rund achtzig Kommunen in Deutschland, die den Klimanotstand bereits erklärt hätten. Mit dem Antrag, der sich im Wesentlichen auf den in der Stadt Landau verabschiedeten stützte, wolle man „die vom Menschen verursachte Klimakrise als eine der größten Bedrohungen der Zivilisation mit unumkehrbaren Folgen“ noch stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung bringen und auch die anderen Parteien „mit ins Boot nehmen“, führte Weisbrod aus. „Eine radikale Kehrtwende in vielen Sektoren ist notwendig“, so Weisbrod, der darauf hinwies, dass die Erklärung des Klimanotstands nicht bedeute, dass es um den Klimaschutz in Walldorf besonders schlecht bestellt sei. Man wolle damit eindringlich klimafreundliches Wirtschaften und eine klimafreundliche Lebensweise vorantreiben.
Man gebe damit auch ein Zeichen an Bund und Land, weitreichendere und verbindlichere Entscheidungen für einen wirksamen Klimaschutz zu ermöglichen.
Ein Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ging dahin, künftig alle städtischen Vorhaben auf ihre Klimafolgen hin zu prüfen. Die Informationen zur Nachhaltigkeit müssten verpflichtender Bestandteil der Beschlussvorlagen des Gemeinderats sein, so Weisbrod. Der im Antrag enthaltene Maßnahmenkatalog, der unter anderem das Pflanzen von zweihundert Bäumen und eine Stelle für Klimaschutzmanagement vorsah, sei, so Weisbrod, „kein abgeschlossener Maßnahmenkatalog“. Es werde noch mehr, wobei er an alle Fraktionen appellierte, sich einzubringen.

Kein Notstand

Stadtrat Dr. Gerhard Baldes (CDU) lehnte den Antrag in der vorliegenden Form ab. Es handle sich um ein „Konglomerat an Forderungen und Anträgen“, die im Einzelfall zwar durchaus zustimmungsfähig seien, aber nicht als Gesamtpaket. Er empfand das Ganze als „plakativ und irreführend“. Er fragte sich auch, ob es überhaupt in der Kompetenz eines Gemeinderats liege, einen Klimanotstand auszurufen.
„Walldorf betreibt vorbildliche Umweltpolitik“, stellte Gerhard Baldes fest, der keine Notwendigkeit für die Stelle eines Klimaschutzmanagers sah und befürchtete, dass die Einführung einer Rubrik mit Auswirkungen auf das Klima nur ein „Papiertiger, der Bürokratiemüll produziert“ sei. Baldes kritisierte, dass der Gemeinderat seine Kompetenzen mit einer Zustimmung zu Antrag und Maßnahmenpaket für die Zukunft stark einschränke. Auch für die Bürgerinnen und Bürger könnte dies gravierende finanzielle Auswirkungen bedeuten, die man aktuell noch nicht beziffern könne.
Er begrüßte eine „ideologiefreie Diskussion“ und empfahl dafür das von seiner Partei vorgeschlagene „Forum für Nachhaltigkeit“.
„Wir kämpfen alle für die Umwelt und das Klima und wollen den Ausstoß an schädlichem Kohlendioxid verringern“, stellte Stadträtin Dr. Andrea Schröder-Ritzrau (SPD) fest. Es seien „viel mehr Aktivitäten notwendig“, meinte sie, daher nehme ihre Fraktion den Antrag auch sehr ernst und habe sich intensiv damit auseinandergesetzt. Auch wenn man sehr besorgt sei über den Klimawandel und vor allem die Menschen in anderen Teilen der Welt, die davon existenziell betroffen seien, sah sie darin keine Legitimation, einen „Notstand“ auszurufen. „Ein Notstand im juristischen und vor allem verfassungsrechtlichen Sinne bedeutet eine akute, gefährliche Situation, die schnelles Handeln erfordert“, erläuterte sie.
Ein Notstand könne ausgerufen werden, wenn eine äußere Bedrohung einen normalen demokratischen Prozess behindere. Das sei hier nicht der Fall. „Wir beobachten den Klimawandel schon seit fünfzig Jahren“, so Schröder-Ritzrau. Er behindere die demokratischen Prozesse nicht.
Bei einem Notstand seien Einschränkungen von Grundrechten möglich. „Wir müssen genau abwägen, wie wir mit dem Begriff Notstand umgehen“, forderte sei. Der Schutz der Demokratie müsse genauso wichtig sein wie der Klimaschutz. Ihr Vorschlag lautete, den Begriff „Klima-Appell“ zu verwenden anstelle des Klimanotstands. Die meisten der im Antrag genannten Maßnahmen fand sie „richtig und wichtig“. „Wir sind gemeinsam gefordert, dicke Bretter zu bohren“, sagte sie, auch mit Blick auf die Walldorferinnen und Walldorfer, an die sie den Appell gerichtet sehen wollte, denn damit erziele man eine größere Hebelwirkung, als wenn man den Appell an andere Bundesländer und Kommunen richte.
Aussagen zum Klimaschutz in den Beschlussvorlagen des Gemeinderats sah sie kritisch, diese könnten „wachsweich“ sein. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an die von ihrer Fraktion geforderte nachhaltige Vergabeordnung, die „wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden sollte“.
„Walldorf braucht keine demonstrativen Gesten“, stellte Stadträtin Dagmar Criegee (FDP) fest, die den „schreienden Begriff Klimanotstand“ ablehnte. Sie ging darauf ein, dass Walldorf schon viel tue in Sachen Klimaschutz. Hier nannte sie die Umweltförderprogramme, das Siegel als Fairtrade-Stadt, Carsharing, den Mobilitätspakt, die Verbesserung der Radwege, wobei sie kritisch anmerkte, dass Radschnellwege eine dauerhafte Versiegelung bedeuteten. Würden dadurch Straßenbaupläne für den Autoverkehr überflüssig, lohne sich der Aufwand jedoch. Criegee setzte vor allem auf die Vorbildfunktion der Mitglieder des Gemeinderats. „Der Gemeinderat ist besonders gefordert“, erklärte sie.
Die öffentlichen Pflichten könnten mit dem umweltfreundlichsten Fortbewegungsmittel erledigt werden, nationale Pflichten mit der Bahn statt dem Flugzeug und der Weg zum Flughafen mit dem öffentlichen Personennahverkehr statt dem individuellen Auto zurückgelegt werden. „Damit kann man vielleicht auch den Nachbarn zum Umdenken bewegen“, meinte sie. Criegee ging auch auf klimaschädliche Verhaltensweisen ein. So verbrauchten zwanzig Suchanfragen bei Google soviel Energie wie eine Energiesparlampe in einer Stunde. Allein in Frankfurt, wo sich die Rechenzentren in Deutschland konzentrierten, gingen zwanzig Prozent der städtischen Energie in den Betrieb der Server.
Durch autonomes Fahren, das noch in den Kinderschuhen stecke, und das Internet der Dinge, werde der Verbrauch exponentiell ansteigen, warnte sie. Walldorf sei bereit, auch weiterhin sehr große Anstrengungen zu unternehmen, sagte Dagmar Criegee, die für ihre Fraktion auf die Einsicht der Menschen und Anreize setzte.
Dr. Günter Willinger (FDP) meinte zum Begriff des „Klimanotstands“ an die Adresse von Bündnis 90/Die Grünen, dass man vor der Sitzung das Gespräch zu dieser Begrifflichkeit hätte suchen müssen, wenn das Angebot, alle Fraktionen mit ins Boot zu nehmen, ernst gemeint gewesen sei. Auch wenn man den Antrag in weiten Teilen unterstütze, wehre sich seine Fraktion gegen einen Klimanotstand. Man solle sich nochmals zusammensetzen, regte Willinger an.
Auch Stadträtin Jutta Stempfle-Stelzer (CDU) ging auf den Vorbildcharakter der Stadträtinnen und Stadträte ein. „Wer von uns lebt CO₂ sparend? Wer von uns vermeidet Abfall? Wer von uns hat sein Haus gedämmt?“ fragte sie in die Runde. Im Grunde seien sich alle einig, dass die Lebensgrundlagen geschützt werden müssten. Man müsse die Bürgerschaft mit ins Boot holen, Experten hinzuziehen und miteinander ins Gespräch kommen und Dinge zusammenführen.
„Wenn Walldorf es nicht schafft, wie sollen es andere Kommunen schaffen?“ fragte Stadtrat Maximilian Himberger (Bündnis 90/Die Grünen). Klimaschutz fange in den Kommunen an, meinte er, man müsse Klimaschutz bei allem mitdenken und den Appell vorantragen.

Gemeinsam vorberaten

Bürgermeisterin Christiane Staab empfahl, den Antrag und das Maßnahmenpaket vertieft in Ausschüssen, wie dem Arbeitskreis Klimaschutz oder dem Ausschuss für Technik, Umwelt, Planung und Verkehr (TUPV) zu verfolgen. „Da ist Musik drin“, meinte sie, gab aber zu bedenken, dass man in dieser Sitzung nicht „einfach vorbehaltlos“ zustimmen könne ohne Vorberatung.
Nachdem Wilfried Weisbrod Bereitschaft gezeigt hatte, anstelle eines „Klimanotstands“ vom „Klima-Appell“ zu sprechen und auch einige konkrete Punkte des Maßnahmenkatalogs herauszunehmen oder abzuändern, meinte Erster Beigeordneter Otto Steinmann, dass es aus formeller Sicht „wenig Sinn“ mache, einzelne Maßnahmen herauszunehmen. Da deutlich geworden sei, dass alle Fraktionen den Antrag im Grundsatz mittragen könnten und sich dem Thema nähern wollten, gehe es nun um die Konkretisierung. Er empfahl daher, den Antrag insgesamt in den TUPV oder den Arbeitskreis zu verweisen und vorzuberaten. Bei einer Abstimmung noch in dieser Sitzung bestünde die Gefahr, dass der Antrag insgesamt abgelehnt werde.
Nach zustimmenden Äußerungen zu dieser Vorgehensweise aus der Runde des Gremiums zog Stadtrat Wilfried Weisbrod den Antrag zurück.

Text: Stadt Walldorf

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