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Gemeinderat befürwortet Maßnahmenplan des Forstes für 2020

„Der Klimawandel trifft unseren Stadtwald mit nichtgeahnter Wucht und sorgt im Wald für Veränderungen, die ein Ende der Schadereignisse nicht erahnen lassen.“ So steht es in der Bewirtschaftungs- und Betriebsplanung für das Forstwirtschaftsjahr 2020, die Revierförster Gunter Glasbrenner noch im alten Jahr am 10. Dezember im Gemeinderat persönlich vorstellte und die das Gremium einstimmig beschloss. 

Bürgermeisterin Christiane Staab sprach angesichts der außergewöhnlichen Veränderungen und Herausforderungen, durch die der Haushaltsplan des Forstes und die Ausführungen des Revierleiters geprägt seien, von einer „flammenden Vorlage zur Situation des Waldes“. Weder in der öffentlichen Sitzung noch beim Neujahrsempfang der Stadt machte sie einen Hehl daraus, dass sie angesichts der drängenden Klimaproblematik kein Verständnis für die Forstreform hat. Denn seit 1. Januar haben die Forstreviere einen neuen Zuschnitt mit wesentlich erweitertem Verantwortungsbereich, aber keineswegs mit mehr Personal.
Walldorf gehört seit Anfang des Jahres zum Revier Nummer 76 „Rheintal Nord“ mit den Kommunalwäldern von Walldorf, Reilingen, Brühl und dem Stadtwald von Hockenheim. Wie nachzulesen ist, will Glasbrenner möglichst rasch wieder eine „stabile und schlagkräftige Struktur aufbauen“. Hierzu gehört auch, in einer stadteigenen Scheune in der Leimengrube einen neuen städtischen Forststützpunkt auszubauen. Neben dem städtischen Bauhof diente bislang die Vesperhütte als Deponie für Geräte, Maschinen und Werkzeug. Da diese im Staatswald steht, für den Glasbrenner nicht mehr zuständig ist, musste sie geräumt werden und wird nun von einem anderen Revier genutzt. Der Gemeinderat stimmte dem neuen Stützpunkt in der Leimengrube zu, für den noch einiges an Infrastruktur geschaffen werden muss. Glasbrenner hob als Vorteil die günstige Lage hervor, wo auch der bisweilen unvermeidbare Lärm keine Rolle spiele.

Weniger positiv war, was er zum Waldzustand Walldorfs zu sagen hatte. Auf den nährstoffarmen Sandböden seien in Zeiten niedriger Niederschläge mit entsprechend niedrigem Grundwasser alle Baumarten mehr oder weniger von Schäden bis zum gänzlichen Ausfall betroffen. Er nannte weiterhin den Diplodia-Pilz als hauptverantwortlich für das Kieferntriebsterben, Borkenkäfer, Mistelbefall, Neophythen wie die Kermesbeere und die sich „exorbitant“ ausbreitenden Waldmaikäfer als Ursachen für das Waldsterben.
Glasbrenner sprach von 25 Waldmaikäfer-Larven auf einem Quadratmeter. Im Schonwald Reilinger Eck stünden teilweise nur noch zehn gesunde Bäume auf einem halben Hektar Fläche, berichtete er. Im Reilinger Eck werde daher radikal mit dem Bagger gerodet und etwa vierzig Zentimeter tief gefräst, damit die Engerlinge mechanisch bekämpft und in der Folge die Maikäfer keine Eier mehr ablegen könnten. „Wir dürfen keine chemischen Mittel einsetzen“, so Glasbrenner. Da der Maikäfer seine Eier nur auf begrasten Flächen ablege, müsse man diese mechanisch zerstören, um das Problem in den Griff zu bekommen. Sobald der Maikäfer ausgeschaltet sei, werde man versuchsweise klimaresistentere Baumarten anpflanzen. Hier nannte Glasbrenner die Baumhasel. Diese Maßnahme sei an eine Firma vergeben worden und beinhalte neben dem Pflanzen und der Einzäunung des Areals auch die regelmäßige Bewässerung jeder einzelnen Pflanze. Glasbrenner nannte hierfür Kosten von rund 25.000 Euro. „Wir unternehmen alles Denkbare, um aufzuforsten“, bekräftigte er, machte aber auch deutlich, dass man neue Wege beschreite und mit Rückschlägen rechnen müsse. Als „Pionierarbeit“, die das Forstrevier gerne und mit Stolz leiste, nannte Gunter Glasbrenner einen weiteren Versuch, bei dem auf zehn Hektar Fläche alternative Eichenarten, wie zum Beispiel die mediterrane Steineiche, gepflanzt werden sollen, dies mit Betreuung der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg. „Damit wären wir führend in punkto Anbauversuche mit mediterranen Eichenarten“, so Glasbrenner. Zeitnahes Aufforsten sei jedoch unmöglich, auch angesichts des Anfalls von Schadholz im jetzigen Ausmaß. Dieses übersteige die Kapazitäten, die man für die Aufarbeitung habe, so Glasbrenner. Bei den Hieben im Jahr 2020 handle es sich fast ausschließlich um die Ernte von abgestorbenen oder stark geschädigten Bäumen, dies auch im Sinne der Verkehrssicherung, was sehr viel Zeit in Anspruch nehme.

Baumpflanzaktionen

Im Gewann Schlangenwedel sollen im Walldorfer Jubiläumsjahr zwei anspruchsvolle Projekte die Aufforstung komplettieren. Der Zipfelmützen e. V. startet am 28. März die Kinderakademie „Plant for the Planet“ mit einer großen Baumpflanzaktion und der Walldorfer Edeka-Aktiv-Markt Marx und seine Kundschaft unterstützen eine weitere Baumpflanzaktion. Das Naturschutzprojekt am Maulbeerbuckel im Dannhecker Wald wird von der Stadt fortgeführt und auch die erfolgreiche Waldpädagogik fortgesetzt.

Der Forstwirtschaftsplan geht für 2020 von einem Defizit von rund 214.000 Euro aus. Glasbrenner führte aus, dass der Holzbedarf der Industrie mehr als gedeckt sei und bestimmte Holzsortimente kaum noch absetzbar seien. Auch wenn der Revierförster sich für den vorgestellten umfassenden Maßnahmenplan stark machte, um die Veränderungen im Wald zu lenken, machte er deutlich, dass weder die klimaangepassten Baumarten ein Allheilmittel seien noch die Förster die Klimaproblematik lösen könnten.

Alarmstufe rot erreicht

Einig waren sich die Rednerinnen und Redner aller Fraktionen darin, dass die Forstwirte gute Arbeitsbedingungen brauchen und stimmten daher dem Ausbau der Scheune in der Leimengrube zu einem neuen Forststützpunkt zu.
Stadtrat Dr. Gerhard Baldes (CDU) begrüßte den Maßnahmenplan insgesamt. Der Wald müsse so gut wie möglich erhalten werden, meinte er. Er befürwortete auch, sich an der Klimaschutzaktion des Gemeindetags „Tausend Bäume für tausend Kommunen“, die Glasbrenner erwähnt hatte, zu beteiligen.
Die „Alarmstufe rot“ sah Stadträtin Petra Wahl (SPD) erreicht. Sie sah die Aufforstung mit klimaverträglichen Baumarten ebenfalls als sinnvoll an und hatte vollstes Vertrauen in den fachlichen Rat des Forstes. Positiv sah sie auch die geplanten Baumpflanzaktionen, bei denen die Bevölkerung einbezogen werde, sowie die Klimaschutzaktion des Gemeindetags.
Von einem „nie da gewesenen Schaden“ sprach Stadtrat Maximilian Himberger (Bündnis 90/Die Grünen). Er begrüßte den Austausch mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt. Die Projekte und Baumpflanzaktionen fand er gut und lobte auch die vorbildliche Waldpädagogik. Der Maulbeerbuckel sei ein gutes Beispiel für Naturschutz und Nachhaltigkeit im Sinne von Biodiversität, stellte Himberger fest.
„Der Klimawandel hat den Wald fest im Griff“, sagte Stadtrat Günter Lukey (FDP). Er fühlte sich an die 1980er Jahre erinnert. Er bedauerte, dass ein gezielter Hiebsplan nicht mehr möglich sei. Man werde künftig für den Wald viel Geld in die Hand nehmen müssen, so Lukey, der – wie auch die anderen Fraktionen – das Minus im Forstwirtschaftsplan akzeptierte. Kritisch sah auch er die Neueinteilung der Forstreviere, die nicht zu Lasten des Walldorfer Waldes gehen dürfe.

Nicht nur die für Walldorf typischen Kiefern, sondern auch weitere Baumarten leiden unter dem Klimawandel

Text: Stadt Walldorf
Foto: Pfeifer

 

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