Mit Gerhard Richter durch den Garten der Farben
Jedes Jahr gibt es an der Sambuga-Schule eine Kunstprojektwoche mit wechselnden Schwerpunkten. Im vergangenen Jahr war das Thema Musik an der Reihe.
In diesem Jahr widmeten sich die Schülerinnen und Schüler der bildenden Kunst. Für das Projekt wurde die Kinder- und Jugendkunstschule (Kikusch) als Partnerin gewonnen. Diese stellte mit dem Färbergarten, der erst vor rund einem Jahr eingeweiht worden war, das passende „Atelier“. Die Kunsthistorikerin und Kunstpädagogin Riccarda Luksza leitete im Auftrag der Kikusch das Projekt und wurde von Kirsten Schuff sowie der FSJlerin Annika Menges unterstützt.
Claudia Dinter, Konrektorin der Sambuga-Schule, die mit ihren Kollegen vor Ort war, zeigte sich vom Ablauf der Woche begeistert: „Es macht den Kindern total Spaß.“ Die Kinder waren von Montag bis Freitag jeweils von morgens bis zum Mittag im Färbergarten und setzten verschiedene Kunstformen um. Die Woche war von Gerhard Richter inspiriert, einem der bedeutendsten lebenden Künstler. Richter mache kleine wie große Kunst – das nahmen sich die Beteiligten zum Vorbild, so Riccarda Luksza. In Richters Werken spielten auch Farbwirkung und der Zufall eine große Rolle. Das wurde ebenfalls aufgegriffen: Für die Werke mit dem Titel „Zufallskomposition“ blieben die Kinder per Zufall an einer Stelle im Garten stehen und verwendeten dann, was sie vor ihren Füßen fanden, für ihr Bild – beispielsweise Blüten, Blätter, Rinde oder Gras.
Eine Besonderheit des Projekts: Alle Farben, die die Schüler für ihre Werke verwendeten, stellten sie selbst her – ausschließlich aus natürlichen Materialien. „Das ist ökologisch und nachhaltig“, so Riccarda Luksza. Nach einem morgendlichen Anfangsritual mit Gebärdensprache vermittelte sie stets ein wenig Theorie, bevor es in die Praxis ging. Dabei wurde erörtert, wie man die gewünschten Farben gewinnen kann. „Heute dürfen alle nochmal Rotkohlfarbe herstellen“, sagte Riccarda Luksza an einer Stelle. Die Kinder waren da schon bestens informiert: Mit Rotkohl und Wasser bekommt man Pink, Lila und Grün. Aber wie entsteht Gelb? Eine Wurzelknolle ist die passende Antwort, die die Schüler jedoch nicht auf Anhieb erkannten. „Ingwer?“, meinte ein Schüler, das Stück Knolle erkannt zu haben. Nicht ganz – es war Kurkuma.
Die Kinder lernten nicht nur, welche Farben sie aus welchem natürlichen Material gewinnen können, sondern auch wie: nämlich durch Zerkleinern mit Mörser und Stößel oder durch Auswringen mit einem Tuch. „Die Natur dient uns als Vorbild und Inspiration“, fasste Claudia Dinter zusammen. Für ein großformatiges Bild musste viel Farbe hergestellt werden. In Zweier- oder Dreiergruppen machten sich die Kinder eifrig ans Werk. Wer welche Farbe herstellte, sollte keine Rolle spielen, denn: „Jede Farbe ist wichtig“, sagten die Schüler im Chor. So wurde niemand um „seine“ Farbe beneidet. Es wurden auch Figuren aus Ton sowie Behälter für Pflanzen und Samenbomben hergestellt. Für die Kinder sei es ein besonderes Erlebnis, wenn sie während eines solchen Kunstprojekts ihre Kunst vor allem durch haptische Eindrücke verwirklichten, so Riccarda Luksza, die ein überaus positives Fazit zog: „Es war mir eine große Freude, mit den Kindern zu arbeiten.“
Die Projektwoche mündete in einer Vernissage, bei der die Schüler stolz ihre Werke den geladenen Gästen präsentierten. Darunter waren der Erste Beigeordnete Otto Steinmann, Bernhard Glowitz, Leiter der Waldschule, Manfred Bugert, Leiter der Schulsozialarbeit, und Vertreter des Rotary Clubs Schwetzingen-Walldorf. Ohne dessen Finanzierung wäre das Kunstprojekt gar nicht möglich gewesen, sagte Silke Fiedler, Rektorin der Sambuga-Schule. Die Kunstprojektwoche sei „eine besondere Woche“ gewesen. „Die Kinder waren höchst motiviert.“
Gerhard Richter habe einmal gesagt, dass er ein Künstler ohne Motiv, sondern „nur“ mit Motivation sei. Diese Motivation sei in der Woche jederzeit spürbar gewesen. „Es war fantastisch zu hören, mit wie viel Spaß die Kinder bei der Sache waren.“ Sie sei sich sicher, dass die Motivation, die die Schüler in der Kunstprojektwoche verspürt haben, sich auch auf andere Bereiche überträgt. „Diese Woche wird nachwirken“, so Fiedler.
Die Kinder der Dachsklasse führten die „Geschichte vom Regenbogen“ auf, die noch einmal verdeutlichte, dass „alle Farben wichtig sind“. Auch der Anfangsspruch, das morgendliche Ritual, wurde lautbegleitend mit Gebärdensprache aufgeführt.
Einen besonderen Dank richtete Silke Fiedler an Elisabeth Kamps, Leiterin der Kikusch, sowie an die drei Kolleginnen, die das Projekt vor Ort betreut haben. „Sie haben die Farben unserer Kinder zum Leuchten gebracht.“ Elisabeth Kamps gab den Dank gerne zurück und betonte: „Wir hatten ganz viel Spaß miteinander.“
Den hatte auch Schülerin Melwin, die dem Publikum demonstrierte, mit welchen Hilfsmitteln sie aus der Natur die einzelnen Farben gewonnen hatte – und dafür anerkennenden Applaus erntete.
Mit der Vernissage war die Kunstprojektwoche noch nicht abgeschlossen, wie Silke Fiedler verriet: „Wir machen noch einen Ausflug ins Museum ZKM in Karlsruhe – den bezahlt uns der Förderverein.“ Dieser darf sich außerdem über eine Spende in Höhe von 2100 Euro freuen, die im Rahmen der Vernissage von Bernd Waldecker, ehemaliger Präsident des Rotary Clubs Schwetzingen-Walldorf, und Volker Urban überreicht wurde. Das Geld stammt aus dem Erlös durch Verkäufe von heißen Waffeln und selbstgemachten Plätzchen auf dem Weihnachtsmarkt in Walldorf, wie Waldecker informierte, der die langjährige Verbindung von Sambuga-Schule und Rotary Club hervorhob.
Text und Fotos: Stadt Walldorf