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Mit Sanna Konda auf der einsamen Insel

27. Januar 2025 | > Walldorf, Allgemeines, Das Neueste, Kultur & Musik, Stadtbücherei Walldorf, ~ Umgebung

Gastkünstlerin liest in der Stadtbücherei aus ihrem Roman und dem Walldorfer Tagebuch

„Ich finde, dass Sie diese einsamen Erlebnisse unglaublich spannend beschrieben haben“, sagt eine Zuhörerin und erntet im Publikum viel Zustimmung. Gastkünstlerin Sanna Konda stellt bei der Lesung in der Stadtbücherei neben einigen Kolumnen aus ihrem wöchentlich in der Rundschau publizierten „Walldorfer Tagebuch“ ihren ersten Roman in den Mittelpunkt. Das Werk mit dem Arbeitstitel „Wie ein Vogel leben“ hat sie in Walldorf zu Ende geschrieben, die Veröffentlichung ist schon für März geplant und die Autorin sagt selbst: „Am Anfang habe ich gedacht: Was schreibe ich da für ein Buch? Was ist die Handlung, wenn ein Mensch allein auf einer Insel ist?“ Seit Daniel Defoes „Robinson Crusoe“ (1719) weiß der Leser, dass das keineswegs langweilig sein muss. Sanna Konda hat dann auch schnell gemerkt: „Es gibt viel zu schreiben.“

 

 

Der Roman schickt eine junge Frau für ein halbes Jahr auf eine ostfriesische Insel, auf der sie ganz allein sein wird und nur alle zwei Wochen kurzen Besuch von einem Versorgungsboot erhält. Ihre Aufgabe: die dort lebenden Vögel zu zählen und zu beobachten. „Warum macht die das? Wovor flieht sie? Woher kommt dieser unbedingte Wille, ein halbes Jahr lang mit keiner Menschenseele etwas zu tun zu haben?“, fragt sich die Autorin. Interessant für alle, die es nicht schon wussten: Die Geschichte basiert auf autobiografischen Erfahrungen. Sanna Konda, die in der Stadt Norden in Ostfriesland lebt, aber auch eine enge Beziehung zu Island pflegt, hat vor mehr als zwanzig Jahren selbst die Einsamkeit der beschriebenen Insel gesucht. Ob ihre eigene Entwicklung ähnlich der ihrer Protagonistin verlaufen ist? Deren Pläne gehen „nicht ganz auf“, verrät die Autorin. Was aber nicht schlecht sein muss, denn: „Sie verändert sich.“ Und: „Am Ende entsteht wieder die Lust, an der Welt teilzuhaben.“

Die ersten kurzen Kapitel, die die Autorin in der Stadtbücherei liest, schaffen für die Zuhörer eine stimmungsvolle Atmosphäre. „Als ich meine Füße auf die Insel setzte, wurde es unwichtig, was mich hergebracht hatte. Meine Aufgabe im nächsten halben Jahr war denkbar einfach: hier sein, beobachten, aufzeichnen“, nimmt Sanna Konda die Zuhörer mit auf ihre Insel, optisch umrahmt mit Fotos, die Ostfriesland zeigen, und Illustrationen der Vögel, denen die Hauptfigur des Romans begegnet. „Diese wunderschönen Fotos hat mein Mann gemacht und auch diese Vögel gezeichnet“, sagt die Autorin und liest Sätze wie „Ich eroberte mit den Augen meine Insel“, die einen diesen Ort selbst entdecken lassen. Feiner Humor darf nicht fehlen: So hat die Protagonistin sechs Tüten Marshmellows mitgebracht, was nach einer ganzen Menge klinge, aber letztlich „pro Monat nur eine Tüte“ sei. Ähnlich ist es mit dem Vorrat aus „zwei großen Beuteln mit Büchern“ – die Regeln, die sie sich selbst auferlegt und dann doch bricht, sagen: nur alle drei Tage ein Buch.

Die Einsamkeit bringt herrliche Momente mit sich: „Ich schwor mir, nie wieder von hier wegzugehen“, schreibt die Ich-Erzählerin nach einem Abend am Lagerfeuer mit am Stock gegrillten Käsebällchen, Marshmellows und einem Joint. Dann werden „die Nächte klar und hell, windig und kalt“, sie kann ihre Augen kaum noch vom Sternenhimmel losreißen. „Die Vögel hatten ihren Tagesablauf und ich hatte meinen“, kommt sie den Bewohnern der Insel näher, entfernt sich mehr und mehr von ihrer früheren Welt („ich vergaß die Wochentage“), fühlt sich heimisch („ich lernte den Nebel kennen“) und muss auch mit weniger schönen Erlebnissen klarkommen: Erst sind da die Träume, „dass ich vergessen wurde“ und niemals abgeholt werden würde. Dann kommt in einer dramatischeren Szene des Romans der Sturm, der um ihre Hütte tobt, den Regen aufs Dach prasseln lässt und sie schließlich ins Freie treibt. „Ich war verloren, dachte ich.“ Und im verzweifelten Kampf mit den Elementen: „Mir schien, als wäre die Zeit stehen geblieben.“ Viel mehr will die Autorin nicht verraten, die Leser dürfen auf ihren Roman gespannt sein. Derzeit, so erzählt sie zu Beginn, ringt sie mit dem Verlag noch um den Titel des Buchs.

Am Anfang der Lesung stehen drei der Kolumnen aus Sanna Kondas „Walldorfer Tagebuch“, das sie seit August während ihrer Zeit in der städtischen Künstlerwohnung geführt hat. So erstaunlich wie unterhaltsam sind die darin geschilderten Verbindungen, die sich zwischen Walldorf, New York, wo ihr Mann herstammt, und Island, wo sich die beiden kennengelernt haben, ergeben. „Das manifestiert sich in diesem Salat“, sagt Sanna Konda und zeigt ein Foto des Waldorf-Salats, der in der Rundschau-Kolumne „Auf Island gibt’s an Weihnachten Waldorf-Salat“ die Hauptrolle spielt. Dass das Gericht im auf den berühmten Walldorfer Auswanderer Johann Jakob Astor zurückgehenden New Yorker Hotel Waldorf Astoria erstmals serviert wurde, ist einer dieser Zufälle, die an Schicksal denken lassen. Ähnlich wie die Statue „Spirit of Achievement“ der isländischen Bildhauerin Nína Sæmundsson, die lange über dem Eingang eben dieses Hotels zu sehen war. Eine Replik der Statue auch in Walldorf aufstellen zu lassen, wie es ihrem Mann vorschwebt, habe sie aber noch nicht geschafft, erzählt Sanna Konda mit einem Schmunzeln. Untermalt von vielen Fotos nimmt sie ihre Zuhörer mit den kurzen Texten auf den Spuren Sæmundssons mit auf die Vulkaninsel zu Naturerlebnissen und Kunstwerken. Eine Reise, die gerne länger dauern dürfte.

Lang anhaltender Applaus ist nach der Lesung und einer Frage-Antwort-Runde der Lohn für die Autorin, die in ihrem halben Jahr in Walldorf viel Eindruck gemacht hat. Ihr Dank gilt Bürgermeister Matthias Renschler, der gemeinsam mit seiner Frau der Lesung beiwohnt, und der Stadt für die Möglichkeit, sich in Walldorf dem Schreiben zu widmen, dem Team der Stadtbücherei, deren Leiterin Barbara Grabl die Besucher begrüßt hat, und auch dem Kunstverein, zu dem eine besondere Verbindung entstanden ist.

 

Während ihr Aufenthalt in der Künstlerwohnung nun langsam zu Ende geht, läuft die Ausstellung „Poetische Begegnung“ in der Alten Apotheke mit Werken befreundeter Künstler und Texten Sanna Kondas noch bis 23. Februar (zu sehen sonntags von 14 bis 17 Uhr).
Für Donnerstag, 27. März, 19 Uhr, ist in der Laurentiuskapelle eine Abschlusslesung mit der Autorin geplant, bei der dann auch die gesammelten Texte ihres Walldorfer Tagebuchs ebenso in gedruckter Form vorliegen sollen wie ihr Roman.

Text und Foto: Stadt Walldorf

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