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Anne Weiss berichtet in der Stadtbücherei von ihren Wohnexperimenten

10. März 2024 | > Walldorf, Allgemeines, Das Neueste, Kultur & Musik, Stadtbücherei Walldorf

Wie man das richtige Zuhause findet

Wie sieht eigentlich gutes Wohnen aus? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, individuelle Vorlieben spielen dann doch eine zu große Rolle. Die Autorin Anne Weiss wollte dieser Frage für sich aber einmal auf den Grund gehen und wagte ein Experiment: Sie probierte sieben Wohnformen aus und schrieb darüber ein Buch. „Der beste Platz zum Leben – Wie ich loszog, ein Zuhause zu finden, das zukunftstauglich ist und glücklich macht“ stellt sie bei ihrem Auftritt in der Stadtbücherei vor.

Bestens gelaunt berichtet sie den Gästen über ihre Wohn-Experimente. Alles habe nach einer Trennung 2019 begonnen. Zu dem Zeitpunkt wohnte sie in einer wenig tauglichen – manche würden sagen: Bruchbude – Unterkunft in Berlin. Beste Lage zwar, aber mit Loch in der Decke und vielen Insekten in der Wohnung. Da müsse es doch bessere Alternativen geben, habe sie sich gedacht und auf die Suche gemacht. Das Wohnexperiment startete bei einem guten Freund, bei dem Anne Weiss für eine Weile unterkam – einem Smart-Home mit viel Technik. „Das war nicht meine Welt“, gibt sie zu und dann sei auch noch die Pandemie dazugekommen. Also ab aufs Land in ein Landhaus im Norden. Das sei ihr aber nicht ökologisch genug gewesen, auch das Miteinander habe nicht gepasst. Zu diesem Punkt wird sie sich im Laufe des Abends noch ausführlicher äußern.

Im Folgenden machte sie sich unter anderem mit den Wohnformen Jurte, Ökodorf, Tiny House und Mehrgenerationenhaus vertraut. Sie lebte zeitweise sogar in einem stillgelegten Zug, der als Unterkunft für vier geflüchtete Ukrainerinnen diente. In dieser Zeit habe sie sich viele Gedanken darüber gemacht, was es bedeute, sein Zuhause gewaltsam zu verlieren. Neben diesen ernsteren Momenten hat Anne Weiss viele unterhaltsame Anekdoten zu erzählen. Etwa von Begegnungen mit skurrilen Nachbarn. Zum Beispiel in dem Landhaus, in dem auch Gertrud wohnte, eine selbst ernannte Heilerin, die es sehr streng mit den Geräuschen um sie herum nahm und von allen nur „die Druidin“ genannt wurde. „Ich wünschte, es wäre ausgedacht, aber es ist alles so passiert“, versichert Weiss zwischendurch lachend, als sie aus der Passage ihres Buches vorliest, in der sie ein persönliches Gespräch mit Gertrud schildert.

„Ich bin von Natur aus ein sehr neugieriger Mensch“, erklärt Anne Weiss, warum sie sich überhaupt auf das Experiment eingelassen habe. Die verschiedenen Wohnformen hätten ihr dabei geholfen zu sehen, was ihr gefalle, aber auch was „nichts für mich ist“. Das Tiny House zum Beispiel sei ihr auf Dauer dann doch zu klein und auch nicht besonders alterstauglich, sondern eher etwas für junge Leute.
Das Leben in der Jurte habe sie ausprobieren wollen, um an „Grenzen zu gehen“. Das habe den Vorteil gebracht, „viel Demut aus der Erfahrung mitzunehmen“.

Bei der Suche nach Unterkünften habe sie unter anderem ökologische Kriterien beachtet. Auch das Zusammenleben mit anderen Menschen, die ähnliche Werte wie sie vertreten, sei ihr wichtig gewesen. Anne Weiss geht auch auf den Wohnmarkt in Deutschland ein und was aus ihrer Sicht schiefläuft. Mit der zunehmenden Privatisierung, zu wenig Neubau sowie Leerstand nannte sie einige der Probleme. Sie mache sich auch Gedanken darüber, dass viele Menschen Angst davor hätten, sich das Wohnen nicht mehr leisten zu können. „Das ist nicht gut für eine Gesellschaft“, weist sie auf die negativen Folgen hin.

Sehr unterhaltsam nimmt sie an anderer Stelle die Sprache der Makler in Augenschein, auf die man bei Wohnungsanzeigen sehr häufig stoße. Eine Wohnung in „zentraler Lage“ etwa liege sehr wahrscheinlich an einer Hauptverkehrsader. Ein „Liebhaberobjekt“ sei wohl eher eine Schrottbude, mutmaßt die Autorin, der das Publikum amüsiert zustimmt. Wie eine lebens- und wohnenswerte Stadt der Zukunft aussehen könnte, thematisiert Weiss ebenfalls. Als positives Beispiel nennt sie die Stadt Freiburg, die in den 70er Jahren noch an den Bedürfnissen der Autofahrer orientiert gewesen sei und heute an vielen Plätzen mehr Raum für die Menschen geschaffen habe. Man brauche konkrete Ziele vor Augen, um Veränderungen zu erreichen, so die Autorin, die in Bezug auf ihr Wohnexperiment ihren Zuhörern außerdem empfiehlt, „im Leben mehr Dinge auszuprobieren, denn das machen wir zu wenig“.

 

Text und Foto: Stadt Walldorf

 

 

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