Am Abend vor dem internationalen Tag der Menschenrechte (1o.Dezember) wurde die Ausstellung von Amnesty International (AI) „Wände des Widerstandes“ im Wieslocher Rathaus eröffnet. Die Ausstellung wird in Wiesloch von der hiesigen AI-Gruppe in Kooperation mit der Evangelischen Erwachsenen-Bildung (EEB) , Rhein-Neckar-Süd, betreut, im Foyer präsentiert und bis zum 30. Dezember 2013 zu sehen sein.
(vsk) Im Beisein zahlreicher Prominenter aus Politik und reionalen Initiativen eröffnete BM Saurer die Ausstellung. Er betonte besonders, dass Dank AI Wiesloch und der EEB die Wieslocher Bürger die Chance haben, die Street Art Poster zu sehen, auf sich wirken zu lassen und sich in besonderer Weise über die Situation in den Ländern zu informieren, in denen ein großer Teil der Bevölkerung mit allen Konsequenzen um Menschenrechte kämpft.
Herr Sauer begrüßte den Vertreter von AI Wiesloch, Herrn Stephan Brües, Herrn Andreas Lubig und dieLeiterin der EEB südl. Bergstraße, Frau Doris Eckel-Weingärtner; vorrangig den bekannten Gastredner des Abend, Herrn Jörg Armbruster, dem langjährigen Korrespondenten der ARD und Kenner der arabischen Staaten, der über die aktuelle Lage in Ägypten referiert hat.
Andreas Lubig erinnerte in seiner kurzen Ansprache an die „Geschichte der Menschenrechte“, deren Statuten seit Verabschiedung der Resolution 217 A (III) der Generalversammlung (http://www.amnesty.de) vom 10. Dezember 1948 für Jedermann einklagbar sind. Er nannte einige noch heute zu bearbeitende Menschenrechts-Defizite wie die der Frauen oder die Redefreiheit.
Die Bilder der Ausstellung symbolisieren einige darstellerische Äusserungen von Menschen, die etwas anprangern und damit auch ihr Anliegen bekannt machen wollen. Doris Eckel-Weingärtner unterstrich die Ausführungen und wies darüber hinaus auf weitere Angebote der EEB in den nächsten Wochen zum Thema Ägypten (http://www.eeb-rhein-neckar-sued.de/programm) .
Mit großem Interesse der zahlreich erschienenen Gäste (88) wurde der Vortrag von dem langjährigen ARD Nahost-Korrespondenten Jörg Armbruster erwartet. Herr Armbruster erinnerte zunächst an die ersten Proteste der Bevölkerung gegen Mubarak, die Reaktion der damaligen Regierung, des Militärs und der Justiz in Ägypten sowie das Verhalten der EU, der USA und der Arabischen Regierungen. Diese Proteste richteten sich gegen die große Arbeitslosigkeit, Korruption, Unterdrückung der Frauen und Minderheiten und die Einschränkungen der Rede- und Meinungs-Freiheit. Sie wurden von der damaligen Regierung massivst bekämpft, zahlreiche Demonstranten landeten ohne Anklage im Gefängnis und wurden gefoltert. Die westlichen Staaten zogen sich zurück, anstatt die Demokratie-Bewegung zu unterstützen
, z.B. Strategien anzubieten, die Arbeitslosigkeit (40% der Jugendlichen) und den Bildungs-Notstand zu verbessern. Ägyptens brennendstes Problem ist die wirtschaftliche Not eines Großteils der Bevölkerung. Es gibt eine Dominanz von 21
Familien, der u.a. der Sohn von des ehemaligen Präsidenten Mubarak angehört, die durch die wirtschaftliche Unterwanderung der Regierung dem Land extrem schaden. Eine weitere bis zur Absetzung von Mursi am 03. Juli d. J. einflussreiche Gruppierung sind die Moslem Brüder. Denen entstammt der schwache Präsident Mursi, der in seiner Regierungszeit keinerlei Verbesserungen für das Volk auf den Weg gebracht hat. Nach dem 03.07. wurde Mursi inhaftiert und sowohl er wie auch führende Moslem-Brüder angeklagt. Einer aus dieser Gruppierung wurde undemokratisch zum Chef des Sicherheitsdienstes gemacht – eine weitere Schwächung des Demokratie – Prozesses. Mursi vertraute den Falschen und bekämpfte die Falschen. Aktuell hat zwar der Prozess gegen Mubarak begonnen und der gegen Mursi und die Führer der Moslem Brüder sollte am 09. Dezember beginnen.
Jörg Armbruster sieht keine Persönlichkeit, die Ägypten aus der Misere führen könnte, fähige Männer, wie der Satiriker Jussoff erhalten Berufs- und auch Redeverbote. Herr Armbruster glaubt an keine Sanierungs-möglichkeit aus dem Staat Ägypten heraus. Die Wirtschaftskraft (Tourismus, Automobile, Bekleidung, Agrar-Produkte) ist um 80% zurück gegangen. Saudi Arabien stützt die Regierung, nicht das Volk. Ein Abbau der Subventionen würde überwiegend die arme Mehrheit treffen und die Unruhen weiter schüren. Ein Großteil der Bevölkerung muss mit weniger als 1€/d zu überleben versuchen.
Wie nach der 1. Revolution kontrolliert das Militär das Parlament. Zudem verfügt es über 15% der Wirtschaftskraft des Landes. Die westlichen Staaten halten sich weiter zurück, es zeigt sich keine Investitions-Bereitschaft. Auch notwendige, wirksame Kredite der EU Staaten sind bisher ausgeblieben.
Jörg Armbruster erhofft am meisten, dass die westlichen Regierungen ihr Verhalten ändern werden. Weiter wünscht er Neuwahlen in 2014. Eine wirkliche
„Heilsfigur“ ist nicht zu erkennen.
Zusammenfassend schätzt er, dass Ägypten langfristig eine Chance zur Demokratie hat, da die Bevölkerung sich aktiv einsetzt, die wirkliche und hemmende Macht einer kleinen dominierenden Elite dies aber unterwandert und mit den ums Überleben kämpfenden „spielt“.
Ägypten ist kein armes Land.
Es hat eine wirksame Unterstützung verdient – auch, weil es sonst in weiteren arabischen Staaten Unruhen geben wird.