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Rathaus wurde für Axur zur großen Opernbühne

20. Oktober 2025 | > Walldorf, Allgemeines, Das Neueste, Kultur & Musik

 

Krönender Abschluss der Musiktage mit Auszügen aus Salieris berühmtester Oper

Zum Abschluss der Walldorfer Musiktage hatte Timo Jouko Herrmann, Initiator und künstlerischer Leiter sowie Musikbeauftragter der Stadt, ein ganz besonderes Programm vorbereitet. Das Publikum im gut besuchten Atrium des Rathauses durfte sich über Auszüge aus Antonio Salieris berühmtester Oper „Axur, Re d´ Ormus“ freuen, die nach ihrer Uraufführung 1788 zu den meistgespielten Bühnenwerken des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert zählte.
Unter der Leitung von Herrmann waren das Ensemble Operone und ein opernerfahrenes Sängerensemble mit Miriam Burkhardt (Sopran), Sirin Kilic (Mezzosopran), Thomas Dorn (Tenor) und Kai Preußker (Bass) zu hören.

Die Musik wurde durch Texte berühmter Schriftstellerinnen und Schriftsteller ergänzt, die Bezug auf Salieris Erfolgs-Oper nahmen. Das damalige Publikum verstand diese Zitate sofort, da die Oper überaus populär war. Für die Lesungen konnte Herrmann die frühere Gastkünstlerin und Autorin Sanna Konda engagieren, die in Walldorf viele Fans gewonnen hat. Für ihren Auftritt bei den Musiktagen verschob sie sogar ihre Berufungsveranstaltung an der Universität Reykjavík auf Island, wo sie gerade eine Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft erhalten hat.

Das Konzert stand unter dem Motto „Das Glück meines Lebens …“. Dazu erklärte Hermann, der Schriftsteller E.T.A. Hoffmann habe 1795 an einen Freund geschrieben, nachdem er eine Aufführung von Salieris „Axur“ in Königsberg gesehen hatte, es wäre das „Glück seines Lebens“, wenn er nur eine einzige solche Oper komponieren könnte. Tatsächlich wurde die französische Oper „Axur“, die sofort in mehrere Sprachen übersetzt wurde, auch für Salieri zum „Glück seines Lebens“, denn kurz darauf wurde er, auch aufgrund dieses Erfolges, von Kaiser Joseph II. zum Hofkapellmeister ernannt. Das war damals das höchste musikalische Amt, das man in Europa erreichen konnte.

Mit einem heiteren und reizenden Andante grazioso eröffnete das Ensemble Operone beschwingt und gut gelaunt den Konzertabend. Alle kleinen Instrumentalstücke, mit Ausnahme der Piccola Sinfonia, stammten allerdings nicht aus „Axur“, sondern aus einem autographen Sammelband mit Bühnen- und Ballettmusiken Salieris. „Allgemeiner, entschiedener, verdienter hat unter den neuen Produkten der lyrischen Bühne wohl kein Singspiel in Deutschland gefallen“, lobte der Kritiker der Hamburgischen Theaterzeitung 1792 begeistert eine Aufführung von „Axur“.

Wie weit verbreitet die Melodien der Oper waren, zeigt eine Begebenheit, von der Bettine von Arnim in „Goethes Briefwechsel mit einem Kinde“ berichtet. Sie traf einen Schäfer, der in der Einsamkeit der Berge auf seiner Schalmei das Lied des weissagenden Tempelknaben aus „Axur von Ormus“ mit Variationen eigner Eingebung blies. Worauf Bassist Preußker diese zu Herzen gehende Cavatine des Arteneo mit warmer, sonorer Stimme erklingen ließ. In einem weiteren Brief zitiert Bettine von Arnim wörtlich aus Salieris Oper: „Hier, wo die Frühlingslüfte balsamisch uns umwehen, lass einsam uns ergehen; nichts trenne Dich von mir!“ Auch dieses Duett mit Sopranistin Burkhardt und Tenor Dorn erfreute das Publikum. „Die Musik der Oper ist, so wie alles von Salieri, ganz vortrefflich“, schwärmt E.T.A. Hoffmann, „Reichtum der Gedanken und richtige Deklamation geben ihr den Rang gleich den Mozartischen.“

Von der Vortrefflichkeit von Salieris Musik konnte sich das Publikum in den folgenden Arien und Duetten überzeugen, die ungewohnt kurz sind. Die Oper zeichnet sich durch schnelle, fließende Wechsel der Formen aus, was etwas ganz Neues darstellte. Es gibt keine langen Arien, hier geht es mehr um Deklamation und Ausdruck, was von den Sängerinnen und Sänger vortrefflich gemeistert wurde. Alle Stimmen waren gut disponiert, wurden schlank geführt und überzeugten durch vortreffliche Intonation und Textverständlichkeit. Das Orchester spielte unter Herrmanns präzisem Dirigat beseelt, transparent, fein differenziert und mit gemeinsamer Agogik. Sänger und Musiker harmonierten bestens zusammen, so dass ein wunderbar homogenes Ganzes entstand und das Publikum sich zurücklehnen und in den schönen Melodien schwelgen konnte.

Das Notenmaterial hatte Herrmann wieder extra für diesen Abend ediert. Lange Zeit war diese wunderbare Musik nicht mehr erklungen. Das neckische Allegretto spiritoso G-Dur mit seinen fröhlichen Pizzicati der Streicher und den fein getupften Tönen der Fagotte, das den zweiten Teil des Programmes eröffnete, entlockte dem Publikum ein Schmunzeln. Es folgten Texte von Heinrich Heine. In „Die Bäder von Lucca“, einer polemischen Reisebeschreibung, geht es weniger um malerische Landschaften, als um eine scharfe Gesellschaftskritik, verpackt in bissige Anekdoten. Hier baut Heine immer wieder Textfragmente aus „Axur“ in seine witzigen Beschreibungen ein oder lässt den Professor aus Bologna Melodien aus der Oper auf seiner Gitarre „klimpern“ und singen.

Großen Anklang beim Publikum fand die Barcarole „Ich ward im Römerlande geboren“, die schon zu Salieris Zeiten begeisterte und zu einem regelrechten Hit avancierte. Zahlreiche Textvarianten wurden auf die eingängige Melodie geschrieben. Eine wunderbare lyrische Querflötenmelodie (Meltem Özari-König) und die neckischen Pizzicati der Streicher sorgten für gute Laune. Preußker verlieh dem Biscroma seine vitale und kraftvolle Bassstimme, während die übrigen Solisten als Chor in das Lob einstimmten.

Als weiterer Höhepunkt erwies sich die Harlekinade „Der Himmel ertöne vom Jubel der Freude“. Sie ist als „Theater im Theater“ Bestandteil des dritten Aktes der Oper. Hier buhlen Harlekin und Brighella, beide unsterblich verliebt, um Columbines Hand. Jeder stellt seine Vorzüge heraus. Columbine will das Los entscheiden lassen, greift dann aber zu einer List und erscheint maskiert als alte Frau. Die eitlen Männer weisen die Braut nun harsch zurück und wollen dem jeweils anderen den Vorrang einräumen. Stimmgewaltig verwandelten die Sängerinnen und Sänger das Atrium mit diesem heiteren Buffo-Intermezzo in eine große Opernbühne. Vergnüglich erklangen die „Lach-Partien“, wobei die Frauen immer wieder mit schelmischer Mimik agierten. Burkhardt verlieh der Columbine ihre klangschöne helle Sopranstimme. Auch der warme Mezzosopran von Kilic gefiel, ebenso der geschmeidige Tenor Dorns.

Als krönender Abschluss und Zugabe erklang noch einmal die Barcarole, wobei das Publikum in den Chor mit „Bravo, Biscroma, schön!“ miteinstimmen durfte. Mit begeistertem Applaus und Bravo-Rufen bedankten sich die Zuhörer für diesen gelungenen Opernabend.

Text: Carmen Diemer-Stachel
Foto: Stadt Walldorf

 

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