Musik, Kunst und Kultur in der Region – Eine Reportage in mehreren Teilen
Am vergangenen Donnerstag, war es so weit, der “SOnnerstag” ist nach einer langer Pause in Hendrićk’s Bar & Restaurant in Wiesloch zurück. Livemusik mit Stefan Zirkel & SO auf der Terrasse mit bis zu 90 Gästen.
(rp) Wiesloch / Rhein Neckar, 29.06.2020 – Langsam kehrt “die Normalität zurück” sagen manche am Donnerstag in Wiesloch. “Viel zu langsam”, sagen wiederum andere. Eine der Musiker unserer Region haben sich bereits öffentlich zu Wort gemeldet. Dabei nehmen so manche, berechtigterweise, kein Blatt vor den Mund, sondern sprechen bzw. schreiben Klartext. “Es ist defacto ein Berufsverbot und nichts anderes.” sagt die Mehrheit der befragten Musiker und Veranstalter.
Konzert in Wiesloch im Palatin
Eine Vielzahl von Existenzen sind gefährdet, wenn nicht schon gar zerstört. Es betrifft eine ganze Branche und hunderttausende Arbeitsplätze. Das Veranstaltungsgewerbe umfasst vielerlei Sparten, Tagungen und Kongresse, Events d.h. Veranstaltungen der verschiedensten Art. Berufe der verschiedensten Art sind betroffen. Musik, Kunst und Kultur sind im Land der Dichter und Denker der politischen Willkür unterworfen, kritisiert u.a. Julia Neigel.
A N Z E I G E :
Das Discothekensterben in der Region mag viele Gründe haben. Clubs und Live-Musik-Veranstaltungsort unterlagen schon vor der Corona-Krise massiven Veränderungen. Dazu gehören auch die gesetzlichen Vorgaben beispielsweise die vorgeschriebenen Brandschutzmaßnehmen und die damit verbundenen benötigten Investitionen. Welche so manchen Club oder Diskothekenbesitzer zu der Entscheidung kommen lässt: “aufzugeben” und “den Laden zu schließen”.
So verschwanden Kult-Locations im gesamten Bundesgebiet. Man denke beispielsweise an die legendäre Flughafen Disco “Dorian Grey” im Frankfurter Flughafen. Oder auch an den Schwimmbad Musik Club in Heidelberg. Man denke auch an’s “Downtown” in Weinheim, viele US-HipHop DJs waren dort regelmäßig vertreten. Das Angebot des “Downtown” richtete sich auch an die Angehörigen der US-Streitkräfte, die damals noch in der Region oder in anderen Teilen Süddeutschlands stationiert waren.
So manche Musikerkarriere begann auf den kleinen Bühnen und den kleinen Proberäumen der Region, bevor es auf die großen Bühnen der Welt ging. Von den heutigen Senioren erfährt man: “Fast in jeder Ortschaft gab es in den 50er, 60er oder 70er Jahren eine Discothek oder einen Tanzsaal”. Und auch Tanzschulen! Auch die Anzahl an Bars, Kneipen und Gaststätten war in der Vergangenheit deutlich höher.
The Busters im Palatin Wiesloch
Die Liste der Locations die verschwanden ließe sich beliebig lang fortführen. Aber gedenken wir doch noch einiger:
In Walldorf hatten die Rock und Heavymetal Fans Ende der 1980er die Discothek “Happieness” – Headbanging at it’s best. Abder Kinder-Disco gab es dort auch! Das “Seestudio” in Walldorf, das auch dann später zur Disco “Mosquito” wurde, ist vielen noch in Erinnerung. Auch noch das Cafe Tango gegenüber vom Happiness in Walldorf. Im Industriegebiet Walldorf-Süd gab es auch noch eine Disco Namens Kinki.
Unvergesslich auch die Jam Sessions im Session bzw. später im Session Kulturwerk. Legendär waren die Mittwoch-Abende mit “Me and the Heat” die damals noch keine fest besetzte Band waren, sondern wöchentlich neu besetzt war mit diversen Gastmusikern.
In Wiesloch hatten wir mal über der Eishalle eine “Park Disco” vormals Bakara, es folgten “Apfelbaum” und “Halligalli”. Man denke aber auch an die ganz kleinen Veranstaltungsorte für Konzerte wie das “Loch Ness” oder das “JUZ”. Letzteres bot jungen Musikern die Möglichkeit Proberäume zu nutzen und erste Bühnenerfahrungen zu machen. Das Wieslocher Jugendzentrum (JUZ) war quasi die Geburtsstätte der Ska-Band “THE BUSTERS”. Diese feierten 2017 im Palatin in Wiesloch 30 Jahre Bühnenjubiläum.
Was noch verschwunden ist:
Bei unserer kleinen Umfrage bei Facebook ergab sich folgendes Ergebnis, genannt wurden…
Pueblo in Bammental, Zabu bzw. Krypton in Sandhausen, Die Pfalz, Disco in Dielheim, Capitol Mühlhausen sowie Snoopy in Mühlhausen und später Fame, Sonnenkeller Östringen, Happy Night Kronau, Schlössl in Zuzenhausen, Scala in Sinsheim, Beach Club und später
Vibration Club in Forst, Amun in Bruchsal, A5 in Karlsdorf. Oder auch “Die Röhre” in Stuttgart. In den 90ern sind viele aus der Region am Wochenende nach Frankfurt am Main gepilgert, Clubs die das OMEN, das Dorian Grey, die Musikhall oder das XS waren der Anlaufpunkt für eine neue Musikszene, die damals noch in den Anfängen steckte und nicht Teil des kommerziellen Massenmusikmarkets war. MILK! und OHM sowie weitere in Mannheim, ebenso das Broadway auf dem Maimarktgelände gibt es nicht mehr.
Oft muss man allerdings auch sagen, besser ein Club schließt auf seinem Höhepunkt und bleibt in bester Erinnerung, als das es schleichend Bergab geht. Doch wenn nichts nachkommt, nichts neu eröffnet und die Veranstaltungsorte abgerissen oder neuen Nutzungsmöglichkeiten weichen müssen – ja dann ist das Nachtleben samt der Kunst in Gefahr.
In Heidelberg verschwunden: Zigarillo später Nachtschicht, das Normal in Rohrbach-Süd, das Deep, Tangente, Havanna, und von vielen besonders vermisst – der Schwimmbad Musik Club, …
Aus Heidelberg erreichte uns folgende Nachricht:
“Geschäftsmodell unter Corona nicht tragbar” – Halle02 schließt
Halle 02 in Heidelberg
“Liebe Gäste, schweren Herzens müssen wir euch mitteilen, dass es die halle02 in gewohnter Form bis auf weiteres nicht mehr geben wird. Ein Großteil unseres Programms kann unter den Auflagen zur Eindämmung des Corona-Virus nicht kostendeckend bzw. überhaupt nicht durchgeführt werden; und eine Lockerung, die auch einen Clubbetrieb wieder möglich macht, ist noch nicht abzusehen. Wir werden Konzept und Marke unserer geliebten halle02 und damit den Veranstaltungsbetrieb auf unbestimmte Zeit pausieren und uns auf andere Geschäftsmodelle fokussieren, um die Existenz unseres Betriebes zu sichern.”
Die Reaktion einer Sängerin daraufhin bei Facebook:
“Schei**e…. 😭😭😭…d.h. unter anderem verliert mein über alles geliebter Rockclub nach dem Schwimmbadclub sein 2. Zuhause ….. es geht also auch hier jetzt so richtig los mit dem Aussterben meiner Branche…. ich bin einfach nur noch traurig…. das bringt uns nichts und niemand mehr zurück… Und die Aussicht wird immer düsterer… sorry, Leute…. ich versuch es echt… jeden Tag aufs Neue……aber wie zur Hölle soll man da noch positiv bleiben??? Ich habe wirklich keine Ahnung, wie lange die bröckelnde Hoffnung überhaupt noch reicht, um nicht aufzugeben….” – so Stefanie Nerpel
Letztes Jahr in der Halle02:
MC Navigator
DJ Micky Finn
Halle02 Besucher
DJ Bryan Gee
Die Zeiten ändern sich – Von der Schallplatte zum Streaming
Die Zeiten haben sich geändert. Wo früher der Musiker mit dem Verkauf seiner Tonträger sein Geld verdiente und Konzerte hauptsächlich der Promotion diente, drehte sich dieses Verhältnis insofern das mit dem Internet für den Musiker an Tonträgern, Downloads und Streaming kaum noch Geld verdienen lässt. Bis zur sog. Corona-Krise verdiente der Musiker hauptsächlich durch Konzerte und Auftritte sein Geld. Festes Honorar oder Beteiligung an den Eintrittsgeldern zum einen und zum anderen der Verkauf von Tonträgern wie CD und DVD oder Fan T-Shirts beim Auftritt, generierten die Einnahmen des Musikers.
Brotlose Kunst, durch die Maßnahmen der sog. Coronaverordnung und deren Veranstaltungsverbote liegen die Einnahmen bei vielen Musikern und Veranstaltern faktisch bei null.
Wikipedia beschreibt “brotlose Kunst” wie folgt: “Brotlose Kunst bezeichnet Tätigkeiten und Handlungen, in der Regel beruflicher Art, die für den Ausführenden zwar wichtig sind, von anderen allenfalls als interessant empfunden werden, aber nicht in ausreichendem Maße zum Lebensunterhalt des Ausführenden beitragen.“
Konzert in Wiesloch im Palatin
Musiker schreibt Klartext und ruft zur Demontration auf
“so. Leute. wird zeit. als Musiker und Dienstleister in Messe- ,Kongress-, und Veranstaltungsmanagement, herrscht seit 16.3! ein faktisches verbot zur ausübung meines berufes. die anfängliche Hoffnung und positiven Reaktion von Bund und Land, mit Soforthilfe etc, ist nun in sorge umgeschlagen, ob es der Bundesregierung überhaupt wichtig ist, unserer Branche zu helfen?? als Musiker*in dauerhaft hartz4 beantragen zu müssen, ist keine Lösung, sondern ein versagen der regierenden und ein arrogantes unwissen, zu themen der kulturwirtschaft, der Musiker*innen und ihrer Industrie. es muss jetzt ein adäquates hilfspaket auf den weg gebracht werden, was die branche, ihre Dienstleister, die Musiker*innen nachhaltig unterstützt. der jetzige zustand ist inakzeptabel und das management und die kommunikation der Bundesregierung zu unseren themen, ist miserabel. lasst uns jetzt aufstehen, lasst uns gemeinsam zu großdemos aufrufen, lasst uns die Bundesregierung stellen und lasst uns vor allem, nicht aufgeben, eine Rettung der Kulturwirtschaft voranzutreiben, bis sie realisiert ist !!!!
also Ärmel hochkrempeln und los. ich bin dabei!!!” schreibt Markus Sprengler bei Facebook.
Markus Sprengler ist ein deutscher Sänger und Musikdozent aus Mannheim. Sprengler war von 1994 bis 2002 ein Sänger der Ska-Band The Busters. Nach seinem Ausscheiden aus der Band wurde er neben seiner Aufgabe als Popbeauftragter der Stadt Mannheim Gastdozent der dortigen Popakademie.
Am 28.06.2020 kündigt Sprengler an: “so. liebe leute. wie angekündigt, ist es soweit. am sa. 11.7.2020 gibt es die erste große Kundgebung vom BÜNDNIS KULTURSCHAFFENDER MANNHEIMS. Als Mitunterzeichner des Aufrufs zur Kundgebung und Redner bei der Demo, möchte ich auch im Namen der Musikerinnen und Musiker sprechen, die bis heute, über 3 Monate nach dem Lockdown, immer noch mit einem faktischen Berufsverbot belegt sind, auch wenn hier und da erste kleine Konzerte wieder stattfinden, die aber mit Wirtschaftlichkeit und einem einkommen für musiker*innen, einfach nichts zu tun haben”.
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