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Altlandrat Dr. Paul Herrmann zum 100. Geburtstag

16. Dezember 2013 | Das Neueste, Photo Gallery, Politik

Sinsheimer Altlandrat Dr. Paul Herrmann: Keine Verantwortung zu groß, kein Weg zu weit

Landrat Stefan Dallinger gratuliert seinem Vorgänger zum 100. GeburtstagHermann

Wer das Glück hat, 100 Jahre alt zu werden und dabei noch über alle Kräfte des Geistes zu verfügen, der muss Gottes Segen haben. Es kommt sicher auch von einer überaus positiven Einstellung zum Leben, zur Gesundheit und zur Arbeit. Was Landrat a. D. Dr. Paul Herrmann im ehemaligen Landkreis Sinsheim an Aufbauarbeit geleistet hat, beeindruckt nicht nur, sondern macht deutlich, warum er über das biblische Alter hinaus bis heute eine in der Öffentlichkeit überaus geschätzte Persönlichkeit ist. „Als einer der Nachfolger kann ich diese Leistung sehr gut einschätzen und verstehen,

v.l.n.r. Stefan Dallinger, Dr. Paul Herrmann und Dr. Jürgen Schütz.

warum Dr. Paul Herrmann und der Landkreis Sinsheim oft in einem Atemzug genannt werden. Er war der Baumeister des an modernen Bedürfnissen ausgerichteten Kreisgebiets und hat ein gutes, festes Fundament für den Bau des Rhein-Neckar-Kreises geschaffen. Sie haben einen großen Anteil am heutigen positiven Erscheinungsbild“, gratuliert Landrat Stefan Dallinger seinem Vor-Vor-Vorgänger herzlich zum Geburtstag.

Der am 16. Dezember 1913 in Ludwigshafen geborene und dort aufgewachsene Dr. Paul Herrmann hatte nach Abitur und Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Heidelberg als Diplomvolkswirt erste berufliche Erfahrungen als Forschungsassistent am Institut für Sozial- und Staatswissenschaften der Uni Heidelberg (Insosta) gesammelt. Eine seiner Arbeiten war die Grundlage für den Ruf ins Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Berlin. Hier wohnte er auch während des ganzen Krieges, obwohl die Einberufung zur Wehrmacht die Arbeit im Ministerium verhinderte. Wenn man von seiner dreimaligen Verwundung absieht, war er im Zweiten Weltkrieg als Infanterieoffizier stets an der Front, in Polen, Frankreich, Jugoslawien, mehrmals in Russland sowie am Westwall. Unmittelbar nach dem „D-Day“ geriet er in amerikanische Gefangenschaft, die er in den USA verbrachte. Dem NS-Regime stand der der junge Offizier, der kein NSDAP-Mitglied war, vom Elternhaus geprägt eher kritisch gegenüber. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft im Oktober 1945 fand er in Stuttgart eine Anstellung bei der Finanzabteilung der amerikanischen Administration, um das darniederliegende Bankwesen wieder in Gang zu bringen. Zum Landesverband der landwirtschaftlichen Genossenschaften wechselte er 1946, ein Jahr später wurde er zum Bürgermeister von Mühlacker und Kreisrat im Kreis Vaihingen Enz gewählt. Seine „Untersuchungen zur Agrarstruktur Mittelbadens“, so der Titel seiner Promotion (1938), halfen bei diesen Aufgaben, ebenso wie er dabei die Feinheiten der Kommunalpolitik im Großkreis Bühl erlernen konnte.

Trotzdem waren die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit im Landkreis Sinsheim keineswegs günstig. Der Kraichgau litt schwer an den Folgen des Zweiten Weltkrieges, es fehlte es damals an allem Nötigen. Der Schwerpunkt des Wortes „strukturschwach“ lag wirklich auf „schwach“. Der ländlich orientierte Kreis verfügte kaum über eine Infrastruktur, ein hoher Einwohnerzuwachs durch Flüchtlinge und Heimatvertriebene musste bewältigt werden und die große wirtschaftliche und soziale Not mit 22 Prozent Arbeitslosigkeit galt es zu beheben. Zudem war der Kreis in heftige politische Turbulenzen geraten, was sich an der Zahl von neun Landräten bzw. kommissarischen Landräten von 1945 bis 1950 zeigt. Zur Kandidatur vom damaligen Stuttgarter Innenminister Ulrich aufgefordert, gelang Dr. Paul Herrmann am 6. September 1950 eine kleine Sensation. Denn der parteilose katholische Bürgermeister aus dem Schwabenland hatte im eher evangelischen Kraichgau den favorisierten Sinsheimer Mitbewerber im zweiten Wahlgang geschlagen.

Der neue Landrat packte die vor ihm liegende Herkulesaufgabe nach einem Plan an, den er wohl überlegt in einer Denkschrift zusammengefasst hatte. In den kommenden Jahren setzte er ihn zusammen mit dem Kreisrat, einer Art Kreisregierung, voll professionell und strategisch um, mit einem ungeheuren Arbeitspensum, geschickter Verhandlung und diplomatischem Fingerspitzengefühl. Bis Ende 1972 hatte sich der Landkreis Sinsheim aus dem strukturschwachen Schatten zu einer blühenden Landschaft entwickelt.

Zu den vielen Projekten, die er angeschoben und zusammen mit dem Kreistag gestemmt hatte, um die Lebens- und Wirtschaftssituation zu verbessern, gehörte zuerst ein Amt für Wirtschaftsförderung, um neue Gewerbe- und Industrieansiedlungen zu schaffen und damit Arbeitsplätze. Der Landkreis gab dazu sogar Bürgschaften und Investitionszuschüsse. Der Wohnungsbau wurde durch eine vom Kreis mitgetragene Wohnungsbaugesellschaft intensiviert, Straßenbau und öffentliche Verkehrsmöglichkeiten ausgebaut. Dr. Herrmann sorgte für eine zentrale Wasserversorgung in allen Gemeinden, dazu hatte er auch die Gründung der Fernwasserversorgung Rheintal (heute: Bodenseewasserversorgung) mit Sitz in Sinsheim initiiert. Die Abwasserbeseitigung, die weithin in den Gemeinden fehlte, wurde zum Teil als geförderte Notstandsarbeiten voll ausgebaut. Zur Verbesserung der Wohnverhältnisse und der Hygiene haben die Gemeinden eine ungeheure Zahl neuer Baugebiete ausgewiesen. Eine mehr als spürbare Hilfe für die Menschen im nördlichen Kraichgau war der 1954 beschlossene Bau des Kreiskrankenhauses Sinsheim, das gegen viele Widerstände errichtet und später auf 302 Betten erweitert wurde. Mit dem Bau von beruflichen Schulen und Werkstätten sorgte Dr. Herrmann für bessere Ausbildung, das Sinsheimer Zentrum beruflicher Schulen ist heute das größte im Rhein-Neckar-Kreis. Um die Flurbereinigung mit der örtlichen Planung zu verzahnen sowie Bundes- und Landesmittel für das Fördergebiet in Anspruch nehmen zu können, wurde mit ihm als Vorsitzendem der Planungsgemeinschaftsverband gegründet. Dieser hat seine Aufgaben zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse voll erfüllt.

Volksbildungswerk, später Volkshochschule, Kreisbücherei mit hauptamtlichem Bibliothekar, das gab es in Nordbaden sonst nirgendwo, und eine Kreismusikschule 1969, waren weitere Schritte. Da Dr. Herrmann ein starkes Interesse an Heimatpflege und Heimatgeschichte des Kraichgau besaß, rief er 1965 einen heimatgeschichtlichen Arbeitskreis ins Leben, um Heimatforscher aus den Gemeinden zusammen zu bringen und eine Schriftenreihe herauszugeben. Da er befürchtete, dass diese Schriftenreihe die Kreisreform nicht überleben würde, beschloss der Kreistag 1972, die „Kraichgau-Stiftung“ zur Förderung der Heimatforschung und Heimatpflege mit einem Grundkapital von 100.000 DM zu errichten. Damit wollte Dr. Herrmann für die Zukunft das Zusammengehören des Kraichgau als Geschichts- und Kulturlandschaft im Bewusstsein der Bevölkerung bewahren – inzwischen sind vom Heimatverein Kraichgau 23 der im zweijährigen Turnus herausgegeben Jahrbücher und zahlreiche Sonderveröffentlichungen erschienen.

Etwas zu beginnen erfordert Mut, etwas zu beenden noch mehr. Obwohl Dr. Herrmann engagiert und hartnäckig gegen die Kreisreform kämpfte, hatten seine Bemühungen keinen Erfolg. So geschah etwas, das er sich zu Beginn seiner Amtszeit nicht vorstellen konnte – er wurde auch zum letzten Landrat des Landkreises Sinsheim. Ihn traf vor allem die Zerstückelung des Kreises in drei Teile, wovon der größte dem künftigen Rhein-Neckar-Kreis zugeschlagen wurde, hart. So wurde seine persönliche Geschichte als Landrat in Sinsheim aus einem Morgen voller Hoffnung und einem Mittag voller Taten am Abend von Enttäuschung getrübt. Der Kraichgau hat ihm sein Engagement gedankt und ihn 1972 zum CDU-Landtagsabgeordneten des Wahlkreises Sinsheim, der weitgehend identisch mit dem Altandkreis war, gewählt (bis 1976), die Große Kreisstadt Sinsheim, die das von ihm errichtete neue Landratsamt als Rathaus übernommen hatte, ernannte ihn 1988, zum 75. Geburtstag, zum Ehrenbürger, gleichzeitig erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Ob seiner Verdienste, Landrat Dr. Herrmann war von 1971 bis 1973 Vorstandsvorsitzender der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und im Vorstand der Deutschen Krankenhausgesellschaft gewesen, hatte eine wichtige Stimme im Landkreistag und war u. a. auch DRK-Kreisvorsitzender, hat ihm das Land Baden-Württemberg bereits 1977 seine höchste Auszeichnung verliehen, den Verdienstorden. Der Jubilar, der zusammen mit seiner Ehefrau heute im Augustinum in Heidelberg lebt, nimmt noch großen Anteil am Geschehen im Rhein-Neckar-Kreis und natürlich an „seinem“ alten Landkreis Sinsheim. So lässt er sich stets die Sinsheimer Ausgabe der RNZ nachsenden, ganz gleich, wo er sich aufhält. Alle, die ihn kennen und schätzen, werden in den Wunsch von Landrat Stefan Dallinger einstimmen: „Alles Gute zum Hundertsten und fürs neue Lebensjahr die Freude und Kraft, die Sie für Ihren weiteren Lebensweg benötigen.“

 

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