Spannender Blick in Salieris musikalische Sozialisation
„Da glitzert und funkelt es in jeder Stimme“, verspricht Dr. Timo Jouko Herrmann in seiner Ankündigung der Arie „Potere io chiamo“ aus der Feder von Giuseppe Bonno (1711-1788). Bonno? Ein heute längst vergessener österreichischer Komponist italienischer Abstammung, zu seinen Lebzeiten aber eine wichtige Persönlichkeit des Wiener Musiklebens, dessen Werke damals häufig aufgeführt wurden, der unter anderem Kirchenmusik für die Privatandachten Kaiser Joseph II. komponierte. Und der auch das Wirken eines gewissen Antonio Salieri (1750-1825) beeinflusst hat, der nach Bonnos Tod seine Nachfolge als Kapellmeister der Wiener Hofmusikkapelle antrat.
„Wir werden heute in die musikalische Sozialisation Salieris schauen“, sagt Herrmann, der Musikbeauftragte der Stadt, Initiator und Leiter der Walldorfer Musiktage, die sich dieses Mal – wie schon im Jahr 2010 – um Salieri drehen. Herrmann will mit dem Programm der vier Konzerte und dem „Musiktage Talk“, der das Festival eröffnet hat, dem Untertitel „Dichtung und Wahrheit“ auf den Grund gehen. Denn so, wie Bonno vergessen wurde, hat sich das Bild des zu seinen Lebzeiten höchst geschätzten Komponisten und Pädagogen Salieri, der unter anderem Beethoven und Liszt unterrichtete, schon kurz vor seinem Tod zu wandeln begonnen – vielen ist heute vor allem seine Darstellung im Erfolgsfilm „Amadeus“ (1984) als böser Gegenspieler Mozarts vertraut, der Salieri allerdings nie gewesen ist.
„Wo kommt er her? Was hat ihn beeinflusst?“ Fragen, die Herrmann mit dem ersten Konzert der Musiktage beantworten möchte. Dafür hat er „Musikschätze aus der Wiener Hofkapelle“ gehoben, Werke, die neben Bonno auch von Leopold Hofmann (1738-1793) und Salieri-Lehrer Florian Leopold Gassmann (1729-1774) stammen, allesamt für die Aufführung im Walldorfer Rathaus von Herrmann selbst erstmals editiert und zuletzt wohl noch zu Lebzeiten der Komponisten gespielt wurden. „Seit dieser Zeit hat diese Werke niemand mehr gehört“, unterstreicht Herrmann. Sein Dank gilt dem international auftretenden Sänger Matthias Lucht (Altus), der sich auf dieses besondere Programm eingelassen hat, das auch zwei Werke von Salieri selbst bietet. Begleitet wird Lucht vom bei den Musiktagen bewährten Ensemble Operino unter Herrmanns Leitung auf historischen Instrumenten: Britta Hofmann, Olena Arnakuliyeva, Caroline Korn, Arndt-Johannes Wolber (alle Violine), Sophia Reis (Viola), Johannes Kasper (Violoncello), Paul Cervenec (Kontrabass) und Wilke Lahmann (Cembalo).
Herzlich begrüßt werden die Besucherinnen und Besucher im Rathaus, das sie über einen roten Teppich betreten haben, von Bürgermeister Matthias Renschler, der allen „viel Freude und einen schönen, interessanten Musikabend“ wünscht. Er finde es bemerkenswert, so Renschler, mit Timo Jouko Herrmann in Walldorf einen ausgewiesenen Salieri-Experten zu haben, und dankt ihm herzlich „für das Näherbringen dieser wunderbaren Musik“. Ein Dank, dem sich das Publikum gerne anschließt – mit lautstarkem Applaus nach den einzelnen Werken und natürlich am Ende eines spannenden, unterhaltsamen und sehr gelungenen Konzertabends, der neben viel für die Ohren der Zuhörer neuer Musik auch eine Menge Wissenswertes aus der Zeit des Übergangs vom Barock in die Wiener Klassik vermittelt. Echte Musikschätze eben, die das Publikum mit nach Hause nimmt.
Info: Das Programm der Walldorfer Musiktage findet sich hier: www.kultur-walldorf.de/walldorfer-musiktage/aktuelles-programm.
Text und Fotos: Stadt Walldorf