Verträge mit weiteren Universitätskliniken
Das Land Baden-Württemberg hat mit den Krankenkassen und den Untersuchungsstellen am Universitätsklinikum Freiburg sowie an der Gewaltopferambulanz des Universitätsklinikums Ulm neue Verträge zur Kostenübernahme abgeschlossen. Damit wird die verfahrensunabhängige Spurensicherung im Land ausgebaut und der Opferschutz gestärkt.
Bedeutung für Betroffene
Sozial- und Gesundheitsminister Manne Lucha betonte am Dienstag (19. August) in Stuttgart, dass die Möglichkeit einer verfahrensunabhängigen Beweissicherung es Betroffenen von Gewalt ermögliche, Beweise sichern zu lassen, ohne sich sofort für oder gegen eine Strafanzeige entscheiden zu müssen. Die gerichtsfeste Dokumentation soll Verurteilungen von Gewalttätern auch zu einem späteren Zeitpunkt ermöglichen.
Vor Einführung des Angebots mussten Opfer unmittelbar nach der Tat Anzeige erstatten, um eine rechtsmedizinische Untersuchung und Archivierung der Spuren sicherzustellen.
Gewaltambulanzen im Land
In Baden-Württemberg bieten derzeit vier Gewaltambulanzen die verfahrensunabhängige Spurensicherung an. Diese befinden sich an den Universitätskliniken Freiburg, Heidelberg und Ulm sowie seit Ende 2023 in Stuttgart als Außenstelle des Universitätsklinikums Heidelberg. Das Sozialministerium unterstützt die Ambulanzen finanziell, im Jahr 2024 mit knapp einer Million Euro. Bei gesetzlich Versicherten übernehmen die Krankenkassen die Kosten. Die Abrechnung erfolgt vertraulich, sodass keine Informationen über die Inanspruchnahme an die Krankenkassen weitergegeben werden.
Vertragsabschlüsse in Freiburg und Ulm
Die Details des Anspruchs und der Abrechnung regeln Verträge zwischen dem Land, den Krankenkassen und den Instituten für Rechtsmedizin. Nach dem ersten Vertrag mit Heidelberg im Jahr 2023 folgten nun Vereinbarungen mit Freiburg und Ulm.
Prof. Dr. Annette Thierauf-Emberger und Prof. Dr. Ulrike Schmidt vom Universitätsklinikum Freiburg betonten, dass finanzielle Förderung und Kostenübernahme zentrale Grundlagen für die Arbeit der Untersuchungsstelle seien. Sie ermöglichten Betroffenen nach sexualisierter Gewalt oder Misshandlung eine selbstbestimmte Entscheidung über rechtliche Schritte.
Prof. Dr. Sebastian Kunz vom Universitätsklinikum Ulm erklärte, dass niederschwelliger Zugang zu Beratung und Dokumentation die Rechtssicherheit für Gewaltopfer deutlich erhöhe. Durch die Unterstützung des Landes und der Krankenkassen sei eine flächendeckende Versorgung in greifbarer Nähe.
Stellungnahme der AOK Baden-Württemberg
Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, wies darauf hin, dass Gewaltambulanzen eine kostenlose und vertrauliche Beweissicherung anbieten. Viele Betroffene seien nach einem Übergriff nicht in der Lage, sofort Anzeige zu erstatten. Mit den neuen Angeboten in Ulm und Freiburg gebe es nun auch dort einen niederschwelligen Zugang.
Sicherheit für Opfer von Gewalt
Minister Lucha betonte abschließend, dass die Sorge über fehlende Nachweise Betroffene oft von einer Anzeige abhalte. Mit der gerichtsfesten, anonymen und kostenfreien Spurensicherung sei gewährleistet, dass Spuren erhalten bleiben und eine Anzeige zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist.
Informationen für Betroffene
Das Angebot steht allen Menschen offen, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft oder finanzieller Situation. Untersuchungen sind nach Gewalttaten, Unfällen oder Übergriffen möglich. Eine frühzeitige Spurensicherung wird insbesondere empfohlen nach häuslicher Gewalt, Strangulation, bei Verdacht auf Kindesmisshandlung oder -missbrauch, Vergewaltigung, Gewalt gegen ältere Menschen oder Angriffen mit gefährlichen Gegenständen.